Gambia 2: Hausdurchsuchung
Gambia 2: Hausdurchsuchung
31.03.11
Hätte ich am Morgen bereits gewusst wie dieser Tag verläuft, wäre ich sicher nicht so energiegeladen und bereitwillig ohne Frühstück aufgebrochen. Beim Bäcker machen wir noch Späße, als wir lernen, dass das Baguette hier „Tapalappa“ heißt. Ich finde das erinnert an einen Trommelrhythmus und so singt der halbe Shop meinen spontan kreierten Song über das Brot. Das war es dann aber auch schon mit lustig, denn am Fährhafen von Banjul, in der Hauptstadt Gambias, ist wie immer der Teufel los. Eine der drei zwischen Süd- und Nordufer des Gambia Flusses pendelnden Fähren ist notorisch kaputt, was zu chaotischen Zuständen führt. Lastwagen, PKWs, Handwagen und Fußgänger bilden ein aktiv anstehendes, munteres Durcheinander. Dazwischen rennen drei Dutzend Ordner hin und her – die einen durch Ausweise gut gekennzeichnet, die anderen in Zivil – und vergrößern das Chaos, denn sie haben kein gemeinsames Konzept. Die Rechnung ist vielmehr eine simple: Wer schmiert rückt nach vorne. Wir wissen das, sind aber wild entschlossen unserem Grundsatz treu zu bleiben keine Bestechungsgelder zu zahlen. Die erste Stunde vergeht damit, dass wir Afrikanern keine Bananen, keine CDs mit selbstkomponierter Musik und auch keinen Schmuck abkaufen. Wir verteilen auch keine Visitenkarten mit unserer Telefonnummer, wie es die Einheimischen neuen Freunde so gerne hätten. Dann kommt Bewegung in den Lastwagen vor uns und Stefan hängt sich einfach hinten an. Die eine Hälfte der Ordner bricht darauf in Protestgeschrei aus, während uns die andere bedeutet weiterzufahren. Erst als einer eine Metallbarriere vor uns aufbaut ist klar, mit dieser Fähre kommen wir heute nicht mehr mit. Stefan blockiert bockig die Zufahrt für jedes weitere Fahrzeug, so dass sich die Ordner genötigt sehen, uns in den Innenbereich des Fährhafens auffahren zu lassen. Hier werden wir an der Seite abgestellt wie lästiges Übel. Stefan kommt aber nicht recht dazu sich aufzuregen, denn ein Mann wedelt bereits mit seinem Ausweis der Drogenfahndung. Er hält sich nicht lange mit Höflichkeiten auf. Schon hat er seine Finger in allen Fächern, Spalten, Schlitzen und Öffnungen im Frontbereich des Landy. Auf seiner Suche stolpert er irgendwann über zwei Dosen Pfefferspray, die wir für die Reise 2003 angeschafft und zwischenzeitlich total vergessen haben. Er hat seine Trophäe gefunden. „Das ist ein schweres Vergehen gegen das Waffengesetz, wir werden den Wagen beschlagnahmen.“ Stefan und ich bleiben erst einmal ruhig sitzen und lächeln ihn nett an. Das haben wir schon zu oft gehört. Phase I der Einschüchterungstaktik ist fehlgeschlagen. Daher muss Stefan dem Herrn ins Büro folgen, einem dunklen Loch mit spärlichem Mobiliar. Stefan läuft beschwingt vorneweg und nimmt entspannt auf dem Schreibtisch Platz. Der Beamte schliesst die Tür und beginnt mit dem Verhör. Irgendwann endet er damit, dass er uns gerne helfen will. Stefan begrüßt das sehr, schüttelt ihm die Hand und wendet sich zum gehen. Der verdutzte Drogenfahnder, der nicht versteht warum hier keine Spannung aufkommt und nie die Rede von Geld ist, lässt ihn ziehen, konfisziert allerdings das Pfefferspray. Kaum fünf Minuten später, wir sitzen in unserem nicht beschlagnahmten Auto und warten auf die nächste Fähre, ist der Mann wieder da und gibt uns das Pfefferspray zurück. „Aber versteckt es gut, damit die im Norden es nicht finden.“ Stefan kontert schnippisch, dass er nichts zu verbergen habe. Der Beamte, der inzwischen gerne unser Freund sein will, schreibt uns seine Kontaktdaten auf. Derweil füllt sich die nächste Fähre, ohne dass wir oder die schon seit Tagen wartenden LKWs berücksichtigt werden, während dicke PKWs voll wichtiger Menschen mit dicken Geldbeuteln geschmeidig auffahren. Der Chef der Ordner weist Stefan an, sich in der regulären Warteschlange hinten anzustellen. Jetzt platzt meinem Süssen dann doch der Kragen. Er brüllt wie ich ihn noch selten gesehen habe und der Ordner brüllt zurück bis ihm die Adern am Hals zum Bersten anschwellen. Es hilft nichts, wir müssen ans Ende der Schlange. Jetzt ist der Supervisor wenigstens gewillt sich Stefan anzuhören, der geschmeidig in seinen „ich bin hier Tourist und liebe euer Land“-Tonfall zurückfindet. „Was soll ich denn von Gambia für einen Eindruck bekommen, wenn es hier zugeht wie im wilden Westen?“ Das sitzt. Der Mann prüft die Tickets aller PKWs in der Warteschlage – der Kaufzeitpunkt ist aufgedruckt – und konstatiert wir wären der siebte Wagen auf der nächsten Fähre. Stefan gibt sich zufrieden. Kaum vier Stunden nach unserer Ankunft fahren wir auf Fähre Nummer drei an diesem Tag auf. Die Fährüberfahrt dauert 45 Minuten, da der Gambia Fluss hier sehr breit ins Meer übergeht. Wir lassen uns den Wind um die Nase wehen und atmen durch. Am Nordufer passieren wir die hier nicht minder beeindruckende Warteschlange und wollen gerade auf die Teerstraße Richtung Nordsenegal einbiegen, als uns ein Polizist aufhält. Er behält unsere Reisepässe gleich ein und macht uns klar, dass wir auf das Polizeigelände folgen müssen. Dort werden wir in einen Innenhof eingewiesen, der kaum breiter ist als unser Fahrzeug. Hinter uns schließen sich theatralisch die Metalltore. Mir dämmert, das sind offenbar „die im Norden!“. Wir lächeln betont freundlich und geben uns wie immer kooperativ. Die Herren hier möchten gerne hinten mit ihrer Inspektion beginnen. Stefan räumt die erste unserer Vorratsboxen aus und wir demonstrieren, was zu einem guten deutschen Frühstück gehört. Die Dose mit der eisernen Reserve an Pumpernickel ist besonders spannend. Das Wort Pumpernickel üben wir allerdings mehrfach, bis es richtig rauskommt. In der zweiten Kiste ist das Rindergulasch in Dosen vom Metzger in Gau-Algesheim der Renner, in der dritten Kiste die Marshmallows. Als sie sich für die Kiste mit den Souvenirs interessieren ist Stefan kurz davor die Geduld zu verlieren. Er hat Stunden gebraucht, um alles bruchsicher zu verpacken, „so bekomme ich das nie wieder unter.“ Wir schwören uns Gelassenheit, denn sonst kommen wir hier heute gar nicht mehr weg. Stefan kann sich aber die Frage nicht verkneifen, was eigentlich gesucht wird. „Alles was illegal ist“, ist die knappe aber entschiedene Antwort. Die Musik-CDs mit - sagen wir – zweifelhafter Herkunft, die wir uns in Westafrika zusammengekauft haben, werden nur deshalb beanstandet, weil die Berühmtheit aus Gambia nicht dabei ist. Ich versichere, diesen Missstand auf dem nächsten Markt sofort zu beheben. Inzwischen ist einer in unseren Wagen hineingeklettert und inspiziert die fest eingebauten Schränke. Meine bessere Hälfte verweigert hier die Mithilfsbereitschaft. „Wenn der sich schwitzend staubig machen will bitte, ich klettere da nicht hinein.“ Bei den Unterhosen erlaube ich mir die Bemerkung, die seien frisch gewaschen - sie bleiben unangetastet. Unser üppiger Medikamentenvorrat löst die nächsten Diskussionen aus. Jetzt kommt erstmals das von meinem Hausarzt Dr. Jung aus Heidelberg vorbereitete Schreiben zum Einsatz, das bestätigt, dass ich all diese Medikamente zum persönlichen Gebrauch dabei habe und an keinen ansteckenden Krankheiten leide. Inzwischen hat der Chef der Polizeiwache unsere Pässe in Augenschein genommen und verlangt Frau Doktor Specht zu sprechen. Bei dem Medikamentenvorrat besteht kein Zweifel, die Frau ist Medizinerin. Ich lasse das erst einmal unwidersprochen denn ich weiss was kommt und beschließe, dies zu unserem Vorteil zu nutzen. Gleich mehrere Beamte zeigen mir ihre Wehwehchen. Die meisten schicke ich ins Krankenhaus, einer bekommt eine Salbe. Ich will ja kein Unheil anrichten. So habe ich aber jetzt auf der Wache genug Freunde, um die Inspektion des vorderen Wagenteils (mit dem Corpus delicti) nach meinen Vorstellungen zu steuern. Nach knapp zwei Stunden gibt mir der Chef unsere Ausweise mit sichtlich bedauerndem Gesichtsausdruck zurück. Erleichtert darüber, dass auch diesmal alles gut gegangen ist, werfe ich im Niemandsland das Pfefferspray kurzerhand aus dem Fenster. Ich hoffe, dass es spielende Kinder nicht finden werden und beruhige mich damit, dass es nach neun Jahren sicher nicht mehr funktioniert. Auf ein Wiedersehen in Gambia, beim nächsten Mal aber nicht über die Banjul-Fähre.
Die Lamin Lodge ist keine Unterkunft, sondern ein Restaurant in dem wir sehr lecker lokale Austern essen.
Im Tendaba Camp wohnen wir direkt am Gambia Fluss...
Der deutsche Peter hat das Haus aufgebaut, gleich zwei Mal, nachdem in einer Nacht im Jahr 2000 die Holzkonstruktion komplett niederbrannte. Er lebt in Gambia, seit sein Segelboot vor 30 Jahren hier gestrandet ist.
Wir übernachten auf dem Parkplatz vor seinem Restaurant und genießen die Abendstimmung.
Andere Reisende liegen im Gambia Fluss vor Anker. Sie kommen gerne auf ein Bier bei Peter vorbei. Segler haben eine eigene Zeitrechnung. Sie fahren wann und wohin der Wind sie treibt.
...und beobachten die Fischer, wie sie ihre Netze auslegen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen:
Immer Musik im Blut. Ein Tänzchen auf dem Landungssteg, der bei Ebbe im trocken liegt.
Fünf Mal täglich ruft der Imam zum Gebet.
Blackcontinent Tour 2010/2011
Der Gambia Fluss ist ein Vogelparadies. Wir haben Spaß an mehreren Exkursionen teils im Fluss, teils entlang von Seitenarmen mit Mangrovenbewuchs.
Harlekin-Kingfisher
Schwarz-weiss-Kingfisher
Riesen-Kingfisher
Eisvogel
Hammerkopf
Spieglein, Spieglein an der Wand...
Nachts schwebt die Bar über dem Wasser.
Da sage noch jemand ich hätte einen langen Hals.
Laufen oder fliegen? Er kann sich nicht entscheiden.